Nachgefragt bei…Barbara Gessler
Im Format „Nachgefragt bei“ kommen regelmäßig europapolitische Expertinnen und Experten in Form von Kurzinterviews zu Wort. Im Interview diesmal: Barbara Gessler, Vertreterin der Europäischen Kommission in Deutschland anlässlich der Neuaufstellung der EU-Kommission und der anstehenden Bundestagswahl 2025.
Die neue Europäische Kommission hat gerade ihre Arbeit aufgenommen. Welche Prioritäten sehen Sie in den kommenden Jahren als besonders wichtig, um die EU handlungsfähig und zukunftsorientiert zu gestalten?
Angesichts der aktuellen Weltlage ganz klar: Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Und dabei das bisher Erreichte nicht aus dem Blick verlieren z.B. unsere ehrgeizigen Klimaziele und die sozialen Aspekte, die unser europäisches Gesellschaftsmodell ausmachen. Sicherheit ist dabei also nicht eindimensional zu verstehen, sondern umfasst viele Aspekte.
Nun haben wir ja durch jüngste Ereignisse eine vorgezogene Bundestagswahl. Welche Erwartungen haben Sie an die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung?
Ich erwarte eine Kontinuität in unserer konstruktiven und guten Zusammenarbeit. Da wir uns ja auch als Kommission gerade neu aufgestellt haben, ist es ein guter Moment, gemeinsam zu definieren, wie man die politischen Leitlinien mit Leben füllen kann.
Sie haben zuvor bereits in Berlin gearbeitet und kehren nun als Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland zurück. Wie erleben Sie die Entwicklung der Berliner "Europabubble" in den letzten Jahren und wie sind Sie in Ihrer neuen Rolle angekommen?
Europa ist meinem Empfinden nach ein Thema für viel mehr Menschen geworden, auch dank der jungen Generation, die Europa einfach lebt. Auch weil z.B. heute europäischen Integration in vielen Studiengängen gelehrt wird. Es ist weniger nur in der Hand einiger, altwürdiger (häufig: Herren), sondern interessiert viele. Die Zivilgesellschaft, die Verbände, Politik verstehen es entweder als ihre Aufgabe, mitzuwirken, oder sind sich zumindest der Bedeutung Europas bewusst.
Mit Blick auf die jüngsten EU-Reformen: Welche Maßnahmen halten Sie für besonders wichtig, um die europäische Integration weiter voranzutreiben?
Ich glaube, wir müssen verstärkt zwischen den Institutionen zusammenarbeiten, um schlagkräftig zu bleiben oder zu werden, insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen auf der globalen Ebene. Persönlich finde ich, man könnte sich mehr Optionen für mehr flexible Zusammenarbeit eröffnen, damit keine Stagnation stattfindet. Starre Strukturen und ein zu geringes Budget sollten dem politisch so wichtigen Erweiterungsprozess nicht im Weg stehen.