Nachgefragt bei… Frank Schwabe MdB
Mit dem Format „Nachgefragt bei“ kommen regelmäßig europapolitische Stimmen in Form eines Kurzinterviews zu Wort. Heute mit Fokus auf den Europarat anlässlich des 75. Jubiläums: Nachgefragt bei… Frank Schwabe MdB, (Bundestagsabgeordneter der SPD), Leiter der Delegation der Bundestagsabgeordneten Parlamentarische Versammlung des Europarates und Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.
Herr Schwabe, wie bewerten Sie die Rolle des Europarates in der aktuellen geopolitischen Lage, insbesondere im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Herausforderungen für die Menschenrechte in Europa?
„Der Europarat hat Russland im Grunde in wenigen Stunden in hohem Bogen aus dem Europarat geworfen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist eine solche fundamentale Verletzung aller Regeln, dass das im Grunde einstimmig geschehen ist. Seitdem unterstützt der Europarat die Ukraine nach Kräften. Durch die Dokumentation von Kriegsverbrechen und die Suche nach den verschleppten Kindern ebenso wie bei der Schaffung einer Gerichtsbarkeit, um den Kriegsverbrecher Putin zur Verantwortung zu ziehen."
Der Europarat feiert dieses Jahr sein 75-jähriges Jubiläum: Wie muss er sich weiterentwickeln?
„Er muss sich vor allem treu bleiben. Die Werte gelten, die Regeln gelten. Wer sie fundamental bricht, stellt das Ganze in Frage und muss eine konsequente Antwort bekommen. Die Mitgliedschaft im Europarat ist übrigens freiwillig, die Einhaltung der Regeln bei Mitgliedschaft nicht. Dazu kommen heute neue Dimensionen des Menschenrechtsdiskurses und folglich neue Konventionen zum Beispiel zu künstlicher Intelligenz und Umwelt- und Klimaschutz."
Welche konkreten Maßnahmen unterstützen Sie, um die Rechtsstaatlichkeit in Europa zu stärken, insbesondere in Ländern, die wiederholt wegen Verstößen gegen demokratische Prinzipien kritisiert wurden?
„Ich empfehle den ganzen Kanon der Maßnahmen zu nutzen. Der Europarat lebte von der Idee, dass neue Länder dazu kommen, die in Sachen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kontinuierlich dazu lernen wollen. Das hat sich leider bei mehr und mehr Ländern umgekehrt. Aber der Europarat hat Regeln, die bis zum Ausschluss aus dem Europarat in letzter Konsequenz führen. Niemand will das. Aber wenn es sein muss, um die Bedeutung des Europarats für hunderte Millionen anderer Menschen zu erhalten, dann muss auch das sein."
Wie kann der Europarat seiner Aufgabe gerecht werden, die europäische Wertegemeinschaft zu bewahren, wenn gleichzeitig autoritäre Tendenzen in einigen seiner Mitgliedstaaten zunehmen?
„Der Europarat ist eine faszinierende Einrichtung. Wer konnte glauben, dass Staaten bereit sind, Souveränitätsrechte abzugeben und sich einer internationalen Rechtsprechung zu unterstellen? Der Europarat hat mit seinem Gerichtshof genau diese Möglichkeiten. Er muss sich dessen bewusst sein und insbesondere die Wirkung des EGMR mit Händen und Füßen verteidigen. Auch und gerade in diesen Zeiten eines wachsenden Autoritarismus."