Nachgefragt bei… I.E. Isabel Frommelt-Gottschald
Mit dem Format „Nachgefragt bei“ kommen regelmäßig europapolitische Stimmen in Form eines Kurzinterviews zu Wort. Heute heißt es mit dem Fokus auf den Vorsitz Liechtensteins im Ministerkomitee des Europarates: Nachgefragt bei … I.E. Isabel Frommelt-Gottschald, Botschafterin des Fürstentums Liechtenstein in der Bundesrepublik Deutschland.

Frau Botschafterin Frommelt-Gottschald, heute, am 15. November 2023, übernimmt das Fürstentum Liechtenstein von Lettland den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates für sechs Monate. Welche Prioritäten setzt das Programm des Vorsitzes Liechtensteins?
„Der liechtensteinische Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates ist für uns eine große Ehre und Chance. Wir berücksichtigen einerseits die bereits geleistete, gute Arbeit unserer Vorgänger und setzen andererseits – angesichts der vielen dringenden Herausforderungen natürlich auch klare Akzente. Zentral ist dabei für uns die Notwendigkeit auf die Rückbesinnung der Kernwerte des Europarates: Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Konkret heißt das, bezogen auf unseren Vorsitz: Die Stärkung des EGMR und hier vor allem eine bessere Umsetzung der Urteile, eine Stärkung der Meinungsäußerungsfreiheit und insbesondere die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten, sowie der besondere Schutz von vulnerablen Gruppen mit besonderem Fokus auf den Schutz von Frauen gegen Gewalt und Schutz vor häuslicher Gewalt.“
Im Mai 2023 fand das 4. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs des Europarates in Reykjavik statt. Inwiefern wurden die Ergebnisse des Gipfels bisher seitens der Mitgliedstaaten des Europarats umgesetzt?
„Für uns war eine wichtige Entscheidung des Gipfeltreffens die Erstellung eines Schadensregisters für die Schäden des Angriffskriegs auf die Ukraine. Das ist auch ein wichtiger Schritt in Richtung strafrechtliche Verantwortlichkeit für die schwersten Verbrechen in diesem Krieg. Als Vorsitzland ist es unsere Aufgabe, den Weg für die Umsetzung der getroffenen Gipfelentscheidungen zu begleiten. Wie die Mitgliedsstaaten die Ergebnisse aber umsetzen, in welcher Geschwindigkeit und Form ist eine Frage, die wir als Vorsitzland begleiten aber nicht beantworten können.“
Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach wichtig, um diese Ergebnisse weiter zu verfolgen?
„Es ist wesentlich, dass die Themen auch konstant bearbeitet und am Ende erfolgreich umgesetzt werden – also quasi ständig in der Aufmerksamkeit der Mitgliedsstaaten bleiben. Voraussetzung für erfolgreiche Umsetzung ist es, zügig die rechtlichen, institutionellen und auch technischen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Kurz gesagt, zu ermöglichen, dass die vielen Ereignisse, die über uns hereinbrechen, uns dank einer stabilen Basis nicht vom Kurs abbringen. Die Glaubwürdigkeit des Europarates als Institution hängt wesentlich von seiner Persistenz bei der Verfolgung einzelner Themen ab.“
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