Stellungnahme der EBD-Präsidentin zum Koalitionsvertrag 2025

Stellungnahme der Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. (EBD) Dr. Anna-Maija Mertens zum am 09.04.2025 von den Unions- und SPD-Spitzen vorgestellten Koalitionsvertrag:

„Der neue Koalitionsvertrag liegt vor, und bei seiner Vorstellung betont Bald-Kanzler Friedrich Merz gleich zu Beginn die Bedeutung Europas – ein zunächst gutes Signal. Denn Deutschland muss seine Führungsrolle in der EU wieder ernst nehmen – nicht im Alleingang, sondern im Sinne eines geeinten Europas.

Im Vertrag selbst steht Europa allerdings nicht im Zentrum: Das Europa-Kapitel beginnt erst auf Seite 135! Und auch inhaltlich bleiben zentrale Fragen offen. Besonders kritisch ist dabei die geplante Fortsetzung bzw. Einführung von Grenzkontrollen – sie stehen im Widerspruch zum Anspruch eines offenen und handlungsfähigen Europas. Die große europäische Errungenschaft, der Schengenraum, steht in Gefahr.

Umso wichtiger ist jedoch das klare Bekenntnis zur EU-Erweiterung: Der Weg der Ukraine, Moldaus und der Westbalkan-Staaten in die EU muss konsequent begleitet werden – mit klaren Kriterien und realistischen Zwischenschritten wie einem Beobachterstatus. Schön, dass die kommende Koalition dies auch so wahrnimmt.

Positiv hervorzuheben ist außerdem die angekündigte Unterstützung für den Europarat und seine Parlamentarische Versammlung. Als Europäische Bewegung Deutschland begrüßen wir dieses Signal, hätten uns aber eine noch deutlichere politische Stärkung dieser wichtigen Institution für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gewünscht.

Immerhin enthält der Koalitionsvertrag erstmals eine Zuständigkeit für die Koordinierung der Europapolitik innerhalb der Bundesregierung. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Entscheidend wird jedoch sein, ob daraus eine wirklich strategische und wirksame Europapolitik erwächst – mit klaren Verantwortlichkeiten und einer verbindlichen Gesamtstrategie.

Unverändert bleibt unser Eindruck: Der notwendige Mut zur Umsetzung europäischer Reformen bleibt begrenzt. Zwar enthält der Koalitionsvertrag Hinweise auf die Nutzung von Brückenklauseln und die Möglichkeit qualifizierter Mehrheitsentscheidungen in einzelnen Politikfeldern wie der Außen- und Sicherheitspolitik. Doch ein übergreifendes Reformkonzept bleibt aus – ebenso wie ein klarer politischer Wille, die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Die grundlegende Frage nach der demokratischen Handlungsfähigkeit der EU, etwa durch ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments oder die systematische Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Rat, wird nicht überzeugend beantwortet.“

Unser Fazit: Der Koalitionsvertrag enthält einige richtige europapolitische Ansätze – etwa zur Erweiterung, zum Europarat und zur besseren Europakoordinierung. Doch was weiterhin fehlt, ist eine klare Priorisierung demokratischer Reformen im Sinne der Konferenz zur Zukunft Europas. Wer die EU zukunftsfähig machen will, muss die parlamentarische Demokratie stärken, europäische Entscheidungsprozesse wirksamer gestalten und Zusagen auch umsetzen.

Dr. Anna-Maija Mertens
EBD-Präsidentin

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