EU-Haushalt und -Fiskalrahmen zukunftsfest und demokratisch weiterentwickeln

Die Einigung zu einem finanzkräftigen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-27 und dem Wiederaufbauinstrument NextGenerationEU hat die EU gefestigt. Insbesondere NextGenerationEU hat in fiskalpolitischer Hinsicht positive Impulse für die wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenarbeit innerhalb der EU gesetzt. Um Deutschlands Zukunftsfähigkeit langfristig zu sichern, braucht es gestärkte Zukunftsinvestitionen mit europäischem Mehrwert und Mut für mehr Demokratie in der EU-Haushaltspolitik sowie Prioritätensetzung. Dies muss sich in den Vorbereitungen und Positionierungen zu den Verhandlungen des kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028-34 wiederfinden.

Investitionen in den europäischen Mehrwert ausbauen und nachhaltig gestalten

Gesamteuropäische Aufgaben wie der Europäische Grüne Deal, die Unterstützung der Ukraine, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im Lichte des „Draghi-Bericht“ und die Stärkung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten haben an Bedeutung gewonnen. Daher sollte sich der EU-Haushalt stärker an europäischen Prioritäten orientieren und über die Auszahlungsperiode von NextGenerationEU hinaus um weit mehr als 1% des Bruttonationaleinkommens unter Berücksichtigung aller Satellitensysteme der Europäischen Finanzierungsarchitektur insbesondere der Europäischen Investitionsbank aufgestockt werden. Schließlich ist ein finanzstarker und so fokussierter EU-Haushalt ein wirkmächtiges Mittel, um die ökologische und digitale Transformation als auch Sicherheit in Europa zu gestalten und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wieder zu stärken.

Damit die sozial-ökologische Transformation der EU gelingt, muss sie sicherstellen, dass sie die Vorgabe der Klimaquote von mindestens 30% ab dieser Haushaltsperiode sowie der Zielquote für Biodiversitätsausgaben von 10% bis spätestens 2026 im MFR einhält und dass die restlichen Mittelverwendungen dem "Do No Significant Harm"-Prinzip gerecht bleiben. Dafür ist ein adäquates Monitoringsystem notwendig. Ebenfalls muss die EU gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten die 37%-Klimaquote und die 20%-Digitalquote in den Aufbau- und Resilienzplänen wie auch das "Do No Significant Harm"-Prinzip einhalten.

Auch die Stärkung und der Erhalt einer wettbewerbsfähigen europäischen Wirtschaft und Industrie, ist ein europäischer Mehrwert und unverzichtbare Voraussetzung für Wohlstand und Umverteilung in Europa. Denn ohne eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und Industrie kann langfristig auch die sozial-ökologische Transformation nicht gelingen.

Generell sollte die Europäische Kommission Finanzhilfen aus NextGenerationEU strikt erst nach Erfüllung der Meilensteine, insbesondere mit Blick auf Rechtsstaatsreformen, an die Mitgliedstaaten auszahlen. Dabei muss die EU sicherstellen, dass die Kontrollsysteme in den Mitgliedstaaten funktionieren.

Die notwendige und überfällige Reform der EU-Fiskalregeln zielt auf eine Vereinfachung, eine höhere Transparenz, eine höhere Effektivität, eine größere nationale Eigenverantwortung und eine bessere Durchsetzung der Regeln des Wachstums- und Stabilitätspakts ab. Dies muss nun in der Praxis bewiesen werden. Dies darf aber nicht zu der Situation führen, dass Europäische Institutionen strukturell und medial zum gestrengen Zahlmeister werden, der nationale Regierungen in ihren Plänen beschränkt. Wir teilen die Ziele der Reform zur Stärkung der Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten und die gleichzeitige Förderung eines nachhaltigen und integrativen Wachstums, sorgen uns aber parallel um die Beschneidung des fiskalpolitischen Spielraums für notwendige Investitionen. Weitere Reformen müssen in enger Abstimmung mit repräsentativen Interessensvertretungen geführt werden. Schließlich braucht es begleitend zu den privaten auch öffentliche Investitionen bspw. zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oder zum Gelingen eines fairen ökologischen Wandels, aber zugleich eine nachhaltige Haushaltspolitik. Umso wichtiger ist, dass diese Zielkonflikte und mögliche Lösungen auch auf europäischer Ebene demokratisch offen debattiert werden.

Parallel muss dringend die Einnahmenseite des EU-Haushalts gestärkt werden. Die Rückzahlung der gemeinsamen Anleihen für NextGenerationEU darf nicht allein durch Beiträge der Mitgliedstaaten, sondern muss wie ursprünglich beschlossen durch EU-Eigenmitteln abgedeckt werden. Welche Eigenmittel in diesem Sinne zielführend sind, sollte daher im Mittelpunkt der politischen Debatte stehen. Für eine gleichberechtigte Teilhabe an MFR-Zahlungen müssen nationale Rabatte abgeschafft werden. Die Kommunikation zum EU-Haushalt muss transparenter und faktenbasierter werden und sollte sich nicht durch nationale Eigeninteressen und Nettozahlerrechnungen auszeichnen.

EU-Haushalt demokratisch gestalten

Angesichts der Bedeutung des MFRs für die Handlungsfähigkeit der EU müssen das Europäische Parlament (EP), der Deutsche Bundestag wie auch repräsentative Interessen intensiv in die Verhandlungen und die Umsetzung des Haushaltes eingebunden werden.

Wir setzen uns für eine Angleichung der MFR-Perioden an die EP-Legislaturperiode ein. Ebenso sollte der Europäische Rechnungshof eng mit den nationalen Rechnungshöfen zusammenarbeiten und Durchgriffswirkung erhalten. Der EU-Haushalt sollte künftig einen Demokratie-Bonus erhalten, sodass in der Vergabe von Fördermitteln Projekte von demokratisch verfassten Organisationen stärker unterstützt werden.

Mittelfristig braucht es neue Entscheidungswege zum MFR, die auf Mehrheitsentscheidungen im Rat und einer gleichwertigen parlamentarischen Mitwirkung und Kontrolle basieren.

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