Europäische Werte und Grundrechte achten

Die EU ist eine auf Grund- und Menschenrechten aufgebaute Wertegemeinschaft. Von zentraler Bedeutung sind die im Vertrag über die Europäische Union (EUV) und in der EU-Grundrechtecharta verbindlich festgelegten Rechte und Werte. Nur wenn diese in ihrer Gesamtheit in allen Mitgliedstaaten geachtet werden, funktioniert die EU als glaubwürdige Rechts- und Wertegemeinschaft.

Rechtsstaatlichkeit durch Dialog- und Sanktionsinstrumente fördern

Von besonderer Bedeutung ist die Rechtsstaatlichkeit als Grundvoraussetzung für die Garantie und den Schutz der europäischen Rechte und Werte. Daher fordern wir die EU-Institutionen auf, die Rechtsstaatlichkeit durch alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zu fördern.

Wir begrüßen, dass der Rat auf Basis der jährlichen Rechtsstaatsberichte der Europäischen Kommission einen konstruktiven Rechtsstaatsdialog mit den Mitgliedsstaaten institutionalisiert hat und damit dazu beiträgt, dass Probleme in der Rechtsstaatlichkeit Teil des politischen Diskurses bleiben. Ziel dieses Dialoges muss die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten und der EU sowie die Förderung eines gestärkten, gemeinsamen Verständnisses ihrer Bedeutung und Definition sein. Den Dialog müssen die europäischen Institutionen offensiv, selbstbewusst und medienwirksam führen, damit allen deutlich wird, dass es um die Sicherung des Fundaments unserer demokratischen Gesellschaft geht. Dabei muss die EU-Kommission gesellschaftliche Kräfte in den Mitgliedstaaten über den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) und darüber hinaus aktiv einbeziehen. Besonders der EWSA leistet mit seiner Rechtsstaatsgruppe einen sehr wertvollen Beitrag.

Schwerwiegende und systematische Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in der EU legen jedoch offen, dass präventive Maßnahmen nicht mehr ausreichen und wirksame Sanktionsmöglichkeiten notwendig sind, um die Erosion des europäischen Wertegerüstes aufzuhalten.

Daher fordern wir die EU auf, von der Möglichkeit der Sanktionierung auf Basis von Art. 7 EUV konsequent Gebrauch zu machen und dieses Grundrechteverfahren zu reformieren, so dass es wirksam und schnell bei schwerwiegenden Rechtsstaatsverstößen Anwendung findet. In der Zwischenzeit sollte die Europäische Kommission auf eklatante Rechtsstaatsverstöße mit der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren antworten.

Wir begrüßen, dass die Europäische Kommission nach langer Verzögerung die Verordnung des Rechtsstaatsmechanismus anwendet. Die Konditionalität, die die EU-Haushaltsmittel an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien knüpft, muss die EU rückwirkend seit der Inkraftsetzung des Instruments einsetzen. Wir fordern zudem, den Rechtsstaatsmechanismus mittelfristig nachzubessern: Gemäß dem ursprünglichen Vorschlag sollte der Rat nur mit qualifizierter Mehrheit ein Veto gegen einen Durchführungsrechtsakt der Kommission zur Kürzung der EU-Haushaltsmittel bei Rechtsstaatsverstößen einlegen können. Gesellschaftliche Kräfte wie auch Kommunen und Regionen sollten dann direkt von der EU Fördermittel erhalten.

Europäische Werte und die zuständigen EU-Institutionen stärken

Die EU und ihre Institutionen müssen sich weiterhin stark für die Wahrung und Förderung der europäischen Werte und Grundrechte in den Mitgliedstaaten, den Beitrittskandidaten und Partnerländern einsetzen. Eine Union der Gleichstellung ist hierbei ein wesentlicher Rahmen.

Als wesentliches Fundament unserer Demokratie und des Zusammenhalts in der Gesellschaft müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten darauf achten, dass sie die Einhaltung der gemeinsamen Werte und Grundrechte auch im digitalen Raum sicherstellen, indem sie Verstöße konsequent ahnden. Der Schutz der Privatsphäre und persönlicher Daten muss auch im Netz gelten. Dennoch darf beides nicht missbraucht werden, um die Pressefreiheit, investigativen Journalismus und gesellschaftliches Engagement einzuschränken und Korruptionstatbestände zu verbergen, wie es in der EU in zunehmendem Maße durch missbräuchliche strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (Strategic lawsuit against public participation – SLAPP) geschieht. Die Anti-Slapp-Richtlinie kann nur ein erster Schritt sein. Es reicht nicht aus, nur grenzübergreifende Fälle zu erfassen, da die Mehrzahl der SLAPP sich nur in einem Mitgliedstaat zuträgt.

Als wichtigen Baustein fordern wir, dass die EU-Institutionen mit gutem Beispiel vorangehen und die Verhandlungen zum Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu einem erfolgreichen Abschluss führen.

Im Sinne eines verbesserten Grundrechtschutzes sollte die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnerländen die zuständigen europäischen Institutionen, einschließlich des Europarates, stärken. Denn gerade mit Blick auf die Diskussion zu einem Größeren Europa setzen wir uns für eine Stärkung des Europarates ein, mit dem wir uns über den Haager Europakongress von 1948 als gemeinsamen Ursprung verbunden fühlen. Die deutsche Bundesregierung sollte daher darauf hinwirken, dass das in der „Erklärung von Reykjavík“ definierte Ziel, dem demokratischen Rückschritt in vielen Teilen des Kontinents entgegenzuwirken zügig und nachhaltig umgesetzt wird. Zudem sollten die Synergien zwischen der EU und dem Europarat durch eine Revision des Memorandum of Understandings zur Zusammenarbeit beider Institutionen gestärkt werden. In der Zusammenarbeit der EU mit den Europarats-Gremien der Venedig-Kommission und der Staatengruppe gegen Korruption (Group of States against Corruption – GRECO) sehen wir insbesondere in der EU-Erweiterungspolitik und dem nachhaltigen Aufbau demokratischer, rechtsstaatlicher Strukturen noch viel Potenzial. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, mit seinen teils wegweisenden Urteilen, muss weiterhin gestärkt werden. Ebenso setzen wir uns für die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals ein, um Russland für seine Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen, und regen an, hierfür auch Richterinnen und Richter des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu entsenden. Unbestritten bedarf es mit Blick auf Russland zudem eines internationalen Kriegsverbrechertribunals.

Zur Wahrung der europäischen Grundrechte gehört zwingend die zügige Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen Rassismus 2020-25, die EU-Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus und der Bekämpfung des Antiziganismus sowie des Strategischen Rahmens für die Roma und Sinti durch die Mitgliedsstaaten. Ebenso dazu gehört die Entwicklung einer neuen Antirassismus Strategie nach 2025, wie von der Kommissionspräsidentin im Juli 2025 versprochen sowie eine überarbeitete LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass alle EU-Staaten die UN-Behindertenrechtskonvention und die EU-Barrierefreiheitsrichtlinie zeitnah umsetzen. Mit Blick auf die EU begrüßen wir die Stärkung des Mandats der Agentur der EU für Grundrechte (FRA) und die Aufnahme der Arbeit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA). Langfristig sollten alle EU-Mitgliedstaaten der EuStA beitreten, um Betrug von EU-Fördermitteln Einhalt zu gebieten.

Als Festtag für die europäischen Werte und die freiheitliche demokratische Grundordnung sollte der 9. Mai als einheitlicher europäischer Feiertag in der EU etabliert werden.

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